Der Autor unternimmt den Versuch, in die unwegsame Region der dramatischen Phantasie Hebbels vorzudringen und ihre Regeln und Gesetze, ihre Struktur und Organisation zu erkunden. Ein solches Unternehmen erfordert die Konzeption einer angemessenen Methode. Die kategoriale Analyse, eine Verbindung von systematischer Synopsis, gezielten Reduktions- und Abstraktionsverfahren, erschliesst das Instrumentarium der Phantasie, die dramatisch-intersubjektiven Kategorien. Diese vorgegebenen Ordnungsraster lenken die dramatische Gestaltung und übernehmen zusätzliche Funktionen wie Strukturierung und Fundierung, Selektion und Vermittlung. Das kohärente kategoriale Ensemble ist, paradox ausgedrückt, Hebbels individuelle Grammatik, ohne die seine Phantasie zu wirkungslos Diffusem verurteilt wäre. Das eigens entwickelte Analyseverfahren deckt das erregende, wie von unsichtbarer Hand dirigierte Zusammenspiel der Kategorien auf sowie die Unverdrossenheit, mit der Hebbels Phantasie wenige Grundmuster in immer neuen Variationen durchspielt und so - bei aller Vielfalt der Erscheinungsweisen - einen Dramenkosmos erstehen lässt, der auffallend vom Gleichmass der kategorialen Reihen strukturiert und gestuft ist. Die Analyse macht das dramatische Werk als Entfaltung einer Hebbelschen Urszene lesbar und ermöglicht die systematische Erforschung der metaphorischen und sinnbildlichen Schichten. Die Entsprechung des zentralen Spannungsfeldes der Dramen mit Grundpositionen des Sartreschen Diskurses (in "Das Sein und das Nichts") bezeugen die Modernität der Intersubjektivitätsproblematik, die Hebbel zum Thema macht.